Nationale Front
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Abkürzung NF, Zusammenschluss aller politischen Parteien und gesellschaftlichen Organisationen unter Führung der Sozialistischen
Einheitspartei Deutschlands (SED) in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR).
Vorgeschichte
Um die Entscheidungen der kommunistischen Führung in alle Bereiche von Staat und Gesellschaft zu vermitteln, wurde am 7. Oktober 1949
die NF als Bindeglied zwischen Staat und Gesellschaft vom Deutschen Volksrat gegründet, der aus dem Volkskongress hervorgegangen war.
Während der NF zur Zeit ihrer Gründung noch Aufgaben im Hinblick auf eine "nationale" gesamtdeutsche Politik zugedacht waren,
konzentrierte Artikel 3 der neuen DDR-Verfassung von 1968 die NF als "Bündnis aller politischen und sozialen Kräfte des Volkes
unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer Partei" auf das gemeinsame Handeln für die Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft.
Der Funktionswandel drückt sich auch in der Umbenennung von "Nationale Front des demokratischen Deutschland" in "Nationale Front der DDR" aus.
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Zusammensetzung und Struktur
Neben der SED und den ihrer politischen Führung unterworfenen "bürgerlichen" Blockparteien (Nationaldemokratische Partei-NDP,
Demokratische Bauernpartei-DBP, Christlich Demokratische Union-CDU und Liberaldemokratische Partei-LDPD) waren die Massenorganisationen die
wichtigsten Träger der NF, als größte insbesondere der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB), die Freie Deutsche Jugend (FDJ) und der
Demokratische Frauenbund. Getragen von der ehrenamtlichen Tätigkeit von über 300 000 Bürgern (bei einem verhältnismäßig geringen Anteil
hauptamtlicher Funktionäre) war die NF in Form von rund 35 000 Orts-, Wohnbezirks-, Stadtbezirks-, Kreis- und Bezirksausschüssen allgegenwärtig.
Ein von der Bevölkerung direkt gewählter Nationalkongress bestimmte seinerseits einen Nationalrat, der ein Präsidium als Leitungsgremium mit
einem (in der Regel formell parteilosen) Präsidenten wählte.
Aufgaben
Unter maßgeblichem Einfluss der SED koordinierte die NF die politische "Arbeitsteilung" unter den Parteien. Sie organisierte die
Aktivitäten im Umfeld von Wahlen zu den staatlichen Vertretungsorganen auf allen Ebenen, stellte die Wahlkandidaten auf einer geschlossenen
Einheitsliste auf und nahm Einfluss auf die Zusammensetzung und Arbeit der gesellschaftlichen Gerichte (zuständig u. a. für Arbeitsrechtsachen,
Ordnungswidrigkeiten, Eigentumsdelikte). Zu ihren vielfältigen Aufgaben gehörten auch die Propaganda und Agitation auf breitester Basis und die
Mobilisierung der Bevölkerung zu besonderen Anlässen und Aufgaben (z. B. die Organisation von Leistungswettbewerben im Kommunalbereich). Mit der
Auflösung der politischen Organisationen der DDR im Prozess der deutschen Vereinigung zerfiel auch die NF.
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